Die deutschen Autobauer machen im globalen E-Auto-Markt Boden gut und könnten von stärkerer BEV-Nachfrage (Battery Electric Vehicle, BEV) in ihrem Heimatmarkt profitieren. Das zeigt der „Electric Vehicle Sales Review“ von PwC Autofacts® und Strategy&, der globalen Strategieberatung von PwC, in dem die Neuzulassungszahlen in weltweit 40 ausgewählten Märkten ausgewertet werden. Die deutschen OEMs setzten demnach im ersten Quartal dieses Jahres weltweit 38% mehr BEVs ab als im Vorjahreszeitraum – trotz eines Absatzrückgangs von 35% in China. In ihrem Heimatmarkt Deutschland zog der BEV-Absatz zugleich nach einer Durststrecke von fünf Quartalen wieder an und lag 39% höher als im ersten Quartal 2024. Dabei spielen jedoch auch Nachholeffekte eine Rolle. Viele Hersteller hatten im letzten Quartal 2024 ihre Verkäufe zurückgehalten, um neue CO2-Zielvorgaben besser zu erfüllen, die dieses Jahr in Kraft getreten sind.
Deutsche Hersteller haben ihre Hausaufgaben gemacht
Weltweit setzt sich der BEV-Trend aufgrund immer größerer Modellvielfalt sowie attraktiverer Preise fort. Im ersten Quartal 2025 waren weltweit 24% aller verkauften Fahrzeuge entweder reine Stromer (BEVs) oder Plug-in-Hybride (PHEVs). Die globalen Marktanteile lagen mit 16% für BEVs und 8% für PHEVs dabei so hoch wie noch nie in einem ersten Quartal. Im mit Abstand wichtigsten E-Auto-Markt China, wo mehr als 60% aller weltweiten BEVs über den Ladentisch gehen, kletterten die BEV-Absätze um 55%. Plug-in-Hybride legten um 37% zu, was jedoch deutlich weniger ist als in den Quartalen zuvor. Der Verbrenner-Absatz gab um 7% nach, insgesamt wuchs der chinesische Markt um 12%. In den fünf wichtigsten Märkten Europas zeigt sich – auch aufgrund der europaweit eingeführten CO2-Regeln – ein ähnliches Bild wie in Deutschland. Während die Verkaufszahlen für Verbrenner mit einem Minus von 23% im fünften Quartal in Folge nachgaben, zogen die BEV-Absätze mit einem Plus von 30% merklich an.
„Trotz geopolitischer Unsicherheiten und wachsender Handelsbarrieren haben die deutschen Autobauer zuletzt ihre Hausaufgaben gemacht. Sie bringen zunehmend wettbewerbsfähige Modelle auf den Markt und verkürzen so den Abstand zur Konkurrenz. Außerdem hilft ihnen ihr bedingungsloser Fokus auf Qualität und Sicherheit, der aktuell für viele Konsument:innen deutlich an Gewicht gewinnt – auch vor dem Hintergrund schwerer Unfälle chinesischer Marken“, sagt Felix Kuhnert, Partner und Automotive Leader bei PwC Deutschland. „Da BEVs weltweit immer beliebter werden und die Preise nicht nur in China im Sinkflug sind, müssen die deutschen OEMs gleichzeitig schnellstmöglich Wege finden, wie sie ihre Kosten senken und die Einsparungen an die Kund:innen weitergeben können. Das gilt insbesondere für die Batterie.“
Globaler Automarkt könnte in drei Blöcke zerfallen
Ein Risiko für die gesamte Branche zeichnet sich aktuell mit Blick auf eine mögliche Fragmentierung des weltweiten Automobilmarkts in die drei Mega-Blöcke USA, China und Europa ab. Alle drei Regionen setzen zunehmend auf industriepolitische Maßnahmen, um ihre eigenen Märkte zu schützen – und könnten damit das Ende der heutigen global verflochtenen Lieferketten einläuten. Während die USA vor allem auf Strafzölle bauen, fördert China gezielt heimische Technologien, um die eigene Unabhängigkeit zu stärken. Die EU reagierte zuletzt mit einem EU Action Plan, der zum Beispiel Anreize zur heimischen Batteriezellenproduktion setzt oder Mechanismen zum gepoolten Kauf kritischer Rohstoffe etabliert. Laut Studie könnten die unterschiedlichen Maßnahmen in Summe erhebliche Auswirkungen auf Produktion, Entwicklung und Absatz der Autobauer entfalten.
„Was wir derzeit erleben, ist keine schleichende Verschiebung, sondern eine tektonische Neuordnung des globalen Automobilmarkts. Die europäischen Hersteller müssen nun dringend klären, wie sie sich im Spannungsfeld der drei Blöcke strategisch positionieren wollen“, sagt Jörn Neuhausen, Senior Director und Leiter Elektromobilität bei Strategy& Deutschland. „Eine zentrale Frage ist, wie man die verschiedenen Transformationsgeschwindigkeiten zwischen China und den USA abbilden kann. Entscheidend ist zudem, wie sie künftig ihre eigenen Batterielieferketten absichern, wenn heute in fast allen Elektroautos Batterien chinesischer Hersteller stecken. Um hier unabhängiger zu werden, muss Europa mit Wucht und Fokus in eine eigene Zellfertigung sowie eine entsprechende Zuliefererinfrastruktur investieren. Bei einem Markt, der sich auf Umsatzebene im Milliarden- bis Billionenbereich bewegt, ist das von hoher volkswirtschaftlicher Bedeutung.“