Trotz vieler Benefits wie Kinderbetreuung, Wellnessangeboten oder Essensgutscheinen wechseln viele Arbeitnehmende in Deutschland häufig den Job – eine Fluktuation, die laut Studie jährlich Kosten von 165 bis 205 Mrd. Euro für die deutsche Wirtschaft verursachen könnte. Die aktuelle „Workforce Motivation Survey 2025“ von Strategy&, der globalen Strategieberatung von PwC, analysiert, welche Faktoren für Mitarbeitende bei der Auswahl und dem Wechsel ihres Arbeitgebers entscheidend sind. Dafür wurden 1.000 Arbeitnehmende befragt, welche Arbeitsbedingungen ihnen wirklich wichtig sind – und worauf sie am ehesten verzichten würden. Da sich die Befragten in der Studie jeweils für den wichtigsten und unwichtigsten Faktor entscheiden mussten – auch wenn ihnen alle Optionen zusagten – ergibt sich ein realistisches Bild ihrer tatsächlichen Prioritäten. Im Ergebnis zeichnet sich ein klarer Trend zu traditionellen Faktoren ab. So wird ein krisenfester Arbeitsplatz am häufigsten als wichtigster Aspekt genannt (43%). Auf Platz zwei und drei folgen ein hohes Einkommen (42%) und eine gute Work-Life-Balance (41%), gefolgt von einem positiven Arbeitsumfeld (38%). Weniger ausschlaggebend ist hingegen, was in den vergangenen Jahren unter dem Begriff Purpose zusammengefasst wurde. Eine sinnstiftende Tätigkeit ist für viele Befragte verzichtbar und wird nur selten als wichtigster Faktor bei der Arbeitgeberauswahl genannt (19%). Über 80% der Befragten wären nicht bereit, für eine sinnstiftende Tätigkeit auf mehr als 5% ihres Gehalts zu verzichten. Auch typische Benefits wie Firmenwagen, Kinderbetreuung oder Sportangebote landen im Ranking weiter hinten.
Ältere legen Wert auf ein gutes Arbeitsklima, Jüngere wollen Flexibilität
Laut Studie hängen die Präferenzen im Job stark vom Alter der Beschäftigten sowie der Art ihrer Beschäftigung ab. Ältere Angestellte legen besonders großen Wert auf Jobsicherheit und ein gutes Arbeitsklima. Jüngere Arbeitnehmende, vor allem jene mit einer Bürotätigkeit, priorisieren hingegen häufiger Flexibilität und eine ausgewogene Work-Life-Balance. Während das Stimmungsbild der Befragten bei vielen Kriterien eindeutig ist, polarisieren zwei Faktoren stark. So wird die Unterstützung durch eine Führungskraft fast ebenso oft als wichtigster wie auch als unwichtigster Faktor genannt (23% / 18%). Auch scheiden sich die Geister am Zugehörigkeitsgefühl zum Unternehmen (21% / 23%). Umso wichtiger ist es für Unternehmen, zu verstehen, für welche Gruppen diese Aspekte relevant sind. Die persönliche Bindung zu Kolleg:innen wird zum Beispiel von Mitarbeitenden in der Produktion (25%) deutlich häufiger als wichtig empfunden als von Büroangestellten (19%). Auch Frauen (25%) messen der Zugehörigkeit einen deutlich höheren Stellenwert bei als Männer (19%).
„Wirtschaftliche Unsicherheit und globale Spannungen hinterlassen zunehmend Spuren auf dem Arbeitsmarkt und nähren den Wunsch der Arbeitnehmenden nach Stabilität. Dadurch gewinnen traditionellere Aspekte wie Gehalt und Jobsicherheit enorm an Bedeutung. Weichere Faktoren wie eine sinnstiftende Tätigkeit, ein moderner Arbeitsplatz oder Benefits rücken aktuell tendenziell in den Hintergrund“, sagt Nalah Schneider, Director bei Strategy& Deutschland. „An diese neue Realität müssen sich die Unternehmen nun schnell anpassen, um im Wettbewerb um die besten Talente nicht ins Hintertreffen zu geraten. Sie sollten etwa Arbeitsplätze langfristig sichern und auf wettbewerbsfähige Gehaltspakete setzen, statt mit kostspieligen Benefits zu werben. Zugleich bleiben Wertschätzung und Kultur sowie eine ausgewogene Work-Life-Balance wichtig. Klare Kommunikation und gezielte Weiterbildungen können das Sicherheitsgefühl in der Belegschaft zusätzlich stärken.“
Kündigungsgründe kennen und Kosten senken
Die Beweggründe, einen neuen Job auszuwählen, unterscheiden sich dabei laut Studie deutlich von denen für eine Kündigung. Während das Gehalt in beiden Fällen eine besonders große Bedeutung spielt, geben bei Kündigungen oft subjektivere Faktoren wie schlechte Führung, unflexible Strukturen und mangelnde Anerkennung den Ausschlag. Sie werden erst im Alltag spürbar, entscheiden dann aber oft darüber, ob Mitarbeitende langfristig bleiben oder gehen – selbst wenn das Gehalt stimmt. Umso mehr lohnt es sich, in diese Bereiche zu investieren. Laut Studie kann bereits eine Reduzierung der eigenen Fluktuationsquote um einen Prozentpunkt die Kosten eines durchschnittlichen Unternehmens mit 1.000 Mitarbeitenden um mehr als 155.000 Euro pro Jahr senken.
„Wer wichtige Kompetenzen in Zeiten des Fachkräftemangels sicherstellen will, muss verstehen, warum Beschäftigte kündigen und wie man hier gezielt gegensteuern kann. Dafür benötigt es datenbasierte Erkenntnisse statt bloßer Intuition. Unternehmen sollten analysieren, welche Aspekte Mitarbeitende tatsächlich motivieren, wo es hakt und wie sie unterschiedliche Gruppen gezielt ansprechen können“, sagt Albert Zimmermann, Partner bei Strategy& Deutschland. „Gerade bei polarisierenden Themen wie Führung oder Zugehörigkeit gilt: Wer sich auf Unterschiede in Alter, Geschlecht oder Arbeitskontext einstellt, kann gezielter agieren. Nur wer die Bedürfnisse seiner Mitarbeitenden kennt, kann effektiv handeln und auch im Alltag bestehen. Arbeitgeberattraktivität entsteht schließlich nicht auf dem Papier, sondern in der täglichen Zusammenarbeit.“