Medizintechnikbranche erwartet höhere Umsätze durch GLP-1-Abnehmspritzen

München, 23. Juni 2025

Pressemitteilung

  • Die Zahl der weltweiten GLP-1-Patient:innen wird sich voraussichtlich von 17 Millionen im Jahr 2025 auf über 40 Millionen im Jahr 2029 mehr als verdoppeln
  • Aufgrund dieser Entwicklung wurde bislang eine rückläufige Nachfrage nach Medizintechnikprodukten zur Behandlung von Adipositas oder Diabetes erwartet, da GLP-1-Therapeutika die Häufigkeit von adipositasbedingten Erkrankungen senken
  • In der Praxis rechnen dagegen nur 29% der MedTech-Unternehmen mit Umsatzeinbußen, während über 35% zusätzliche Erlöse erwarten
  • Zwar drücken GLP-1-Medikamente den Umsatz klassischer Medizintechnikprodukte, zugleich schaffen sie neue Wachstumsfelder
  • Um diese für sich zu erschließen, müssen Unternehmen ihr Portfolio prüfen, in digitale Lösungen investieren und neue Partnerschaften eingehen

GLP-1-Medikamente, auch als Abnehmspritzen bekannt, treiben den Wandel von der reinen Krankheitsbehandlung zu einem präventiven, vernetzten LIFEcare-Ökosystem voran. Diese Entwicklung könnte in der Medizintechnikbranche einen Umsatzschub auslösen, erfordert aber zugleich die strategische Neuausrichtung des Sektors. Das zeigt die aktuelle Studie „The GLP-1 Effect: Strategic Implications for the MedTech Industry“ von Strategy&, der globalen Strategieberatung von PwC. Drei Viertel der befragten Expert:innen aus der Medizintechnikbranche erwarten demnach, dass GLP-1-Medikamente ihr Geschäft fundamental beeinflussen werden. Da die Mittel Fettleibigkeit und damit verbundene Folgeerkrankungen mindern, wurde bislang vor allem über eine möglicherweise rückläufige Nachfrage nach klassischen Medizintechnikprodukten wie Insulinpumpen diskutiert. Mittlerweile hat sich die Stimmung laut Studie jedoch gedreht: Lediglich 29% der Unternehmen rechnen mit Umsatzrückgängen, 35% gehen dagegen von zusätzlichem Wachstum aus. Grund dafür ist die durch GLP-1-Therapien beschleunigte Transformation zu einem klar auf Prävention ausgerichteten Gesundheitssystem, in dem eine deutlich höhere Nachfrage nach Medizintechnikprodukten erwartet wird. Trotz des erheblichen Transformationspotenzials sowie der möglichen Umsatzzuwächse ist die Branche bislang unzureichend vorbereitet. Lediglich 56% der Unternehmen beobachten regelmäßig die Auswirkungen von GLP-1 und bereiten sich aktiv auf die bevorstehenden Veränderungen vor.

Wegbereiter für neuen Gesundheitsmarkt
Die neuartigen GLP-1-Medikamente ahmen ein körpereigenes Hormon nach, das den Appetit zügelt und den Blutzuckerspiegel senkt. Ursprünglich für Menschen mit Typ-2-Diabetes und Adipositas entwickelt, könnten sich nach ersten Erkenntnissen auch Potenziale bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Fettleber, Alzheimer oder Suchterkrankungen ergeben. Die Zielgruppe wächst entsprechend schnell: Laut Studie könnte sich die Zahl der GLP-1-Nutzer:innen weltweit bis 2029 auf 40 Millionen mehr als verdoppeln. Markttreiber sind neben dem steigenden Bewusstsein für Prävention auch technologische Entwicklungen. Neue Einnahmeformen durch Tabletten oder Nasensprays senken die Hürde zur Nutzung deutlich. Zudem dürften günstigere Generika nach Patentabläufen für aktuelle Marktführer-Medikamente die globale Verfügbarkeit verbessern. Viele Hersteller erhöhen bereits jetzt ihre Produktion und fachen den Preiswettbewerb zusätzlich an.

„GLP-1-Medikamente sind weit mehr als ein kurzfristiger Trend. Sie beschleunigen einen tiefgreifenden Wandel im Gesundheitssystem, den wir schon länger beobachten und als Transformation zu einem neuen LIFEcare-Ökosystem bezeichnen. Während die Medizin bislang vor allem Krankheiten und Symptome behandelt hat, werden wir in Zukunft darauf abzielen, sie erst gar nicht entstehen zu lassen. Diesen Übergang von einem reaktiven zu einem proaktiven Gesundheitssystem beschleunigen auch die GLP-1-Therapeutika“, sagt Dr. Thomas Solbach, Partner bei Strategy& Deutschland und Leiter der Pharma Life Sciences Practice. „Für die Medizintechnikbranche ist dieser Wandel eine historische Chance. Denn was gerade passiert, ist keine Schrumpfung des Marktes, sondern seine Ausweitung in neue Felder hinein. Vor unseren Augen entfaltet sich gerade eine völlig neue Produktkategorie mit Innovationen entlang der gesamten Versorgungskette – vom frühen Screening bis zur digitalen Nachsorge.”

MedTech-Unternehmen bislang unzureichend vorbereitet
Wie stark der bevorstehende Wandel einzelne Segmente des Medizintechnikmarktes erfassen könnte, variiert laut Studie erheblich. Während 76% der Unternehmen im Bereich therapeutischer Geräte mit tiefgreifenden Veränderungen rechnen, erwarten im Monitoring-Bereich nur 33% spürbare Effekte. Ob ein Produkt vom GLP-1-Trend betroffen ist, hängt davon ab, wie stark es bei Krankheiten genutzt wird, die häufig als Folge starken Übergewichts entstehen – etwa Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

„Wir erleben gerade, wie GLP-1-Produkte die gesellschaftliche Norm eines gesunden und erfüllten Lebens grundlegend verschieben. Das setzt die Medizintechnik unter Druck, ihr Geschäftsmodell neu zu denken. Unternehmen aus der Branche müssen entsprechend schnell reagieren, etwa indem sie ihre Portfolios überprüfen und gezielt in Lösungen investieren, die GLP-1-Therapien ergänzen, statt mit ihnen zu konkurrieren“, sagt Dr. Till Giese, Studienautor und Partner bei Strategy& Deutschland. „Denkbar sind etwa digitale Anwendungen, Diagnostik-Tools oder Hybridtherapien. Erfolgsentscheidend sind zukünftig insbesondere Partnerschaften mit der Pharmabranche oder Digital-Health-Unternehmen sowie der strategische Umgang mit Gesundheitsdaten. Klar ist bereits jetzt: Wer früh handelt, kann sich im neuen LIFEcare-Ökosystem einen Vorsprung sichern und unsere Vorstellung von Gesundheit neu definieren.“

Methodik
Für die Studie wurden insgesamt 55 Entscheider:innen aus verschiedenen MedTech-Bereichen befragt (Biomedizinische Geräte, Diagnosetechnik, In-vitro-Diagnostik, Medizinsoftware, Monitoringtechnologie, Rehabilitationstechnologie, therapeutische Geräte).

Über Strategy&
Strategy& ist die globale Strategieberatung von PwC. Wir entwickeln individuelle Geschäftsstrategien für weltweit führende Unternehmen, basierend auf differenzierenden Wettbewerbsfähigkeiten. Wir sind die einzige Strategieberatung als Teil eines globalen Professional Services Netzwerks. Unsere Expertise kombinieren wir mit Technologie und erarbeiten daraus eine passende Strategie, die effizient umsetzbar ist. „Strategy, made real“ heißt für uns, den digitalen Wandel voranzutreiben, die Zukunft mitzugestalten und Visionen Wirklichkeit werden zu lassen. 4.500 Strategieberater:innen und mehr als 370.000 PwC-Mitarbeiter:innen in 149 Ländern tragen hierzu mit hochwertigen, branchenspezifischen Dienstleistungen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuer- und Unternehmensberatung bei.

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Jan-Philipp Loch

Jan-Philipp Loch

Senior Communications and Thought Leadership Expert, Strategy& Deutschland

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