Das Wachstum des globalen E-Auto-Marktes nimmt trotz schwacher Absatzzahlen in Europa erneut an Fahrt auf. Das zeigt der „Electric Vehicle Sales Review“ von PwC Autofacts® und Strategy&, der globalen Strategieberatung von PwC, in dem die Neuzulassungszahlen in weltweit 22 ausgewählten Märkten ausgewertet werden. Demnach wurden 2024 weltweit mehr als 10 Millionen BEVs (Battery Electric Vehicle) verkauft, ein Plus von 14% im Vergleich zum Vorjahr.
Größter Treiber des globalen Elektro-Hochlaufs bleibt unangefochten China. Allein im Dezember 2024 wurden dort 890.000 BEVs abgesetzt – mehr als doppelt so viele wie in Deutschland im gesamten Jahr. Mit 381.000 verkauften BEVs und einem Minus von 27% im Vergleich zum Vorjahr fällt Deutschland in Europa zurück und wird erstmals auf Jahressicht von Großbritannien überholt.
Die deutsche Schwäche bremst dabei die Dynamik des gesamten EU-Marktes aus. Grund für die Misere in Deutschland und Europa sind unter anderem zurückgehaltene Absätze der OEMs. Diese müssen 2025 deutlich mehr BEVs verkaufen, um einer strikteren CO2-Regulatorik zu genügen. Ein BEV-Push im ersten Quartal sowie im Gesamtjahr 2025 ist daher wahrscheinlich.
Deutsche Autohäuser stehen vor möglicher Konsolidierung
Die strukturelle Transformation der Branche zwingt derweil auch den Handel zum Umdenken. Denn laut Studie werden die europäischen PKW-Verkäufe das Niveau vor Corona nicht mehr erreichen. Konkret bedeutet das bis zu 2 Millionen weniger abgesetzte PKW pro Jahr. Dieses Minus drängt die Branche zu strikter Effizienz. Da Marketing, Vertrieb und Distribution nach einer Strategy&-Analyse etwa ein Drittel der Kosten eines Autoherstellers ausmachen, setzt der Effizienzzwang zunehmend auch den Handel unter Druck. Vor allem die deutschen Autohäuser schneiden dabei im europäischen Vergleich schlecht ab. 2024 verkauften sie im Schnitt 254 Fahrzeuge. Ihre Pendants in Europa kamen dagegen auf 272 PKW, die Händler in Großbritannien sogar auf 456 Verkäufe. Da die Elektrotransformation auch das Aftersales-Geschäft der Autohäuser schmälert, gehen die Autoren der Studie von einer bevorstehenden Konsolidierung im PKW-Handel aus.
„Neue Marken aus anderen Regionen und jüngere Kundengruppen mit einer geringeren Markenloyalität zwingen den Autohandel dazu, sein klassisches Geschäftsmodell weiterzudenken, um eine zu erwartende Konsolidierung des Händlernetzes aufzufangen“, sagt Felix Kuhnert, Partner und Automotive Leader bei PwC Deutschland. „In immer kompetitiveren Märkten ist das Rückbesinnen auf die Verkaufskultur dabei genauso bedeutend wie das Weiterbilden und Begeistern des bestehenden Personals für Elektroautos. Neben dem klassischen Händlermodell und dem Direktvertrieb bietet aus unserer Sicht vor allem das Agenturmodell Chancen – nicht nur für BEVs, sondern für sämtliche Fahrzeuge. OEMs und Handel sollten gemeinsam darauf hinarbeiten, die Transformation des Vertriebsmodells konsequent und vollständig umzusetzen und sich von kurzfristigen Rückschlägen nicht entmutigen lassen. Eine sorgfältige Planung ist dafür ebenso unerlässlich wie modernes Datenmanagement.“
China-Strafzölle zeigen kaum Wirkung
Während die europäischen Autobauer ihr Vertriebsmodell modernisieren müssen, geraten sie auf den globalen Märkten angesichts drohender US-Zölle und aggressiver Wettbewerber aus Asien weiter unter Zugzwang. Der Strom chinesischer BEVs nach Europa nimmt zugleich trotz der im Oktober 2024 eingeführten Strafzölle kaum ab. Insgesamt wurden 2024 mit 451.000 BEVs zwar 6% weniger Stromer importiert als im Vorjahr.
Der Blick auf den Dezember 2024 zeigt jedoch, dass dies nur bedingt an den Strafzöllen liegt: in diesem Monat lagen die Importe mit 33.000 BEVs 8% über dem Vorjahreswert. Trotz der Konkurrenz aus Asien können die deutschen Autobauer 2025 auf einen Mini-Boom in ihrem Heimatmarkt hoffen. Auch der Blick nach Großbritannien birgt Hoffnung.
Ähnlich wie Ende 2024 in Deutschland und Europa, brach dort im vierten Quartal 2023 der BEV-Absatz aufgrund des bevorstehenden Inkrafttretens des Zero Emission Vehicle Mandats ein. 2024 schnellten die BEV-Verkäufe in Großbritannien dann aber ebenso in die Höhe, wie sie zuvor gefallen waren. Dieses Muster könnte sich im Laufe dieses Jahres in vielen europäischen Märkten wiederholen.
„Aktuell zeigt sich, dass der globale E-Auto-Markt weiterhin merklich von externen Faktoren abhängt. So lässt sich der starke BEV-Absatz in China Ende vergangenen Jahres auch dadurch erklären, dass es dort eine Art Abwrackprämie für den Kauf von E-Autos gab, die eigentlich Ende 2024 auslaufen sollte. In den USA wiederum sind nach der Wahl die Verkaufszahlen nach oben gegangen, weil viele erwarteten, dass die neue Regierung die Incentivierung von Elektrofahrzeugen und der entsprechenden Infrastruktur reduzieren wird“, sagt Jörn Neuhausen, Senior Director und Leiter Elektromobilität bei Strategy& Deutschland. „Die Autobauer müssen sich in diesem komplexen und volatilen Umfeld umso mehr darauf fokussieren, konkurrenzfähige Produkte zu entwickeln. Updateability und Flexibilität werden dabei immer wichtiger, sowohl für das Fahrzeug als auch für ausgewählte Umfänge im Antrieb, die schneller als alle 4 Jahre technologisch erneuert werden müssen. Das erfordert zwar erhöhte Investitionen, insbesondere in die Struktur neuer Plattformen, zahlt sich aber langfristig aus.“