Deutsche Automobilzulieferer fallen im globalen Wettbewerb zurück

München, 24. August 2023

Pressemitteilung

  • Die deutschen Automobilzulieferer geraten bei Umsatzwachstum und Profitabilität ins Hintertreffen und verlieren fast 3 Prozentpunkte Weltmarktanteile
  • Insgesamt findet die Branche mit 20% Umsatzwachstum zurück auf Kurs – allerdings bei rückläufiger Ertragskraft
  • Im Wettlauf um Zukunftstechnologien und künftige Gewinne sind Zulieferer aus Asien stark positioniert
  • Die deutschen Zulieferer investieren mit knapp 16 Mrd. Euro so viel wie nie in Forschung und Entwicklung, die Innovationen müssen aber besser in Profitabilität übersetzt werden

Die deutschen Automobilzulieferer fallen im internationalen Wettbewerb zurück und verlieren hart erkämpfte Weltmarktanteile. Das geht aus der aktuellen „Automobilzulieferer-Studie” von Strategy&, der globalen Strategieberatung von PwC, hervor. Demnach kamen deutsche Lieferanten 2022 im Schnitt auf lediglich 13% Umsatzwachstum. Damit bilden sie das globale Schlusslicht, weit abgeschlagen hinter dem Rest Europas (21%), Asien (23%) und Amerika (25%). Auch bei der Profitabilität landen sie mit 3,9% EBIT-Marge auf dem letzten Platz. Ihre bereits zuvor ungünstigen Kostenstrukturen konnten sie ebenfalls nur kaum verbessern. Die Konsequenz: Seit 2019 haben die deutschen Zulieferer 2,7 Prozentpunkte Weltmarktanteil eingebüßt – so viel, wie sie zuvor in 20 Jahren mühsam hinzugewinnen konnten. Zugleich nimmt der Kapitalstock deutscher Zulieferer seit Jahren ab, was ein Indikator für drohende weitere Marktverluste sein könnte.

Branche global auf Wachstumskurs – auf Kosten niedriger Margen
Auf globaler Ebene gelingt der Zuliefererbranche eine Trendwende, und sie knüpft zumindest beim Umsatz an die erfolgreichen Zeiten vor den vergangenen Krisen an. Im Jahr 2022 konnten die weltweiten Top-Zulieferer ihren Umsatz um durchschnittlich 20% steigern. Weil sie ihre inflationsbedingt gestiegenen Kosten kaum an die Autobauer weiterreichen konnten, bleiben die Margen allerdings niedrig und nahmen im Vergleich zum Vorjahr sogar um 0,5 Prozentpunkte ab. Im globalen Wettbewerb drängen vermehrt asiatische Anbieter auf den Markt und verändern nachhaltig das Gesicht der Branche. Mit enormen Innovations- und Investitionsvorsprüngen im Bereich Elektromobilität setzen sie die bisherigen Top-Zulieferer unter Druck und erobern zunehmend Spitzenplätze im Ranking der umsatzstärksten Zulieferer. Zwei südkoreanische Batteriehersteller schaffen auf Anhieb den Sprung unter die Top-30, der chinesische Batteriehersteller CATL belegt bereits Platz zwei. Im Ranking der Top-Zulieferer im deutschsprachigen Raum sichert sich Robert Bosch erneut den Spitzenplatz, gefolgt von ZF Friedrichshafen und Continental. Infineon klettert bei den DACH-Zulieferern auf Rang 6.

Top-15 Automobilzulieferer in der DACH-Region¹

Rang (Vorjahr) Unternehmen Umsatz 2022 in Mrd. Euro CAGR 2021/2022 in %
1 (1) Robert Bosch 88,2 12.00
2 (2) ZF Friedrichshafen 43,8 14.32
3 (3) Continental 39,4 16.71
4 (4) Schaeffler 15,8 14.13
5 (5) TE Connectivity 15,1 20.63
6 (x) Infineon 14,2 28.55
7 (6) Mahle 12,4 13.73
8 (x) Freudenberg 11,8 17.08
9 (x) Vitesco 9,1 8.64
10 (7) Benteler 9,0 22.91
11 (10) Brose 7,5 41.26
12 (8) Knorr Bremse 7,1 6.62
13 (x) Eberspächer 6,7 10.90
14 (12) Dräxlmaier 5,1 10.87
15 (11) Leoni 5,1 -0.50

¹ mit Umsatzanteil Automotive ≥ 50%
Quelle: Automobil Produktion vom 18. Juli 2023
x: Keine Daten zu vorheriger Platzierung vorhanden

„Um wirtschaftlich vorne mitspielen zu können, kommt es in der Zuliefererbranche seit jeher auf Größe und Skaleneffekte an. Beides beherrschen die asiatischen Zulieferer in der aktuellen Transformationsphase am besten. Die deutschen Zulieferer hinken dagegen hinterher, weil sie im Wachstumsfeld Elektromobilität oft erst zu spät und zu kleinteilig aktiv geworden sind“, sagt Henning Rennert, Studienautor und Partner bei Strategy& Deutschland. „Um nun aufzuholen, müssen die ehemaligen Platzhirsche wieder echte Innovationen vorantreiben, Skaleneffekte erzielen und zügig neue Wachstumsstrategien entwickeln. Zudem gilt es, das Wachstum in einem herausfordernden geopolitischen Umfeld abzusichern und wettbewerbsfähige, teilglobalisierte Lieferketten zu schaffen.“

Deutsche bleiben Spitzenreiter bei Innovationsinvestitionen
Im Ringen um bröckelnde Weltmarktanteile setzen die deutschen Automobilzulieferer vor allem auf ihre traditionelle Innovationskraft. Bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung liegen sie weiterhin sowohl gemessen in absoluten Werten als auch relativ zum Umsatz an der Spitze. Trotz niedriger Profitabilität und geringem Umsatzwachstum investierten sie im vergangenen Jahr 15,9 Mrd. Euro – und liegen damit weit vor Asien mit 15,3 Mrd. Euro, dem Rest Europas mit 8,2 Mrd. Euro und Amerika mit 3,6 Mrd. Euro.

„Die deutschen Zulieferer investieren aktuell so viel wie noch nie in Forschung und Entwicklung. Damit diese Investitionen auch Früchte tragen, sollten sie ihre Technologieentwicklung allerdings noch stärker auf den Marktbedarf sowie die Situation im Wettbewerb ausrichten, statt längst gesetzten Trends wie im Batteriegeschäft hinterherzulaufen“, sagt Henning Rennert. „Die Kombination aus Innovationskraft, Produktreife und steiler Lernkurve, mit der sich die deutschen Zulieferer jahrzehntelang vom Wettbewerb abgehoben haben, verfängt auch heute noch. Diese alten Tugenden müssen nun fit für die Zukunft gemacht werden, um Innovation in Wachstum umzusetzen.“

Methodik
Für die Auswertung in dieser Studie wurden die Bilanzkennzahlen der 82 Top-100 Zulieferer mit mehr als 50% Automotive Umsatzanteil analysiert.

Über Strategy&
Strategy& ist die globale Strategieberatung von PwC. Wir entwickeln individuelle Geschäftsstrategien für weltweit führende Unternehmen, basierend auf differenzierenden Wettbewerbsfähigkeiten. Wir sind die einzige Strategieberatung als Teil eines globalen Professional Services Netzwerks. Unsere Expertise kombinieren wir mit Technologie und erarbeiten daraus eine passende Strategie, die effizient umsetzbar ist. "Strategy, made real" heißt für uns, den digitalen Wandel voranzutreiben, die Zukunft mitzugestalten und Visionen Wirklichkeit werden zu lassen. 3.000 Strategieberater:innen und mehr als 364.000 PwC-Mitarbeiter:innen in 151 Ländern tragen hierzu mit hochwertigen, branchenspezifischen Dienstleistungen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuer- und Unternehmensberatung bei. Im Jahr 2024 blicken wir auf 10 Jahre Strategy& als Teil des PwC-Netzwerks und mehr als 100 Jahre Tradition als Strategieberatung zurück.

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Jan-Philipp Loch

Jan-Philipp Loch

Senior Communications and Thought Leadership Expert, Strategy& Deutschland

Tel: +49 (0) 151 5769 3175

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