Die Nachfrage nach E-Autos ist ungebrochen. Trotz aktueller Produktionsschwierigkeiten in der Automobilindustrie durch den anhaltenden Chipmangel, globale Lieferkettenprobleme und die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine, können Hersteller mit wachsenden Absatzzahlen bei E-Autos rechnen. Denn laut der aktuellen „eReadiness“-Studie von Strategy&, der Strategieberatung von PwC, möchte mehr als die Hälfte der europäischen Befragten (55%) in den nächsten zwei Jahren ein E-Auto kaufen. Für die Studie wurden rund 4.600 Endverbraucher:innen aus sieben europäischen Ländern – Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Norwegen, die Schweiz und Spanien – befragt und gesondert in die Kategorien E-Auto-Besitzer:innen, E-Auto-Interessierte und E-Auto-Skeptiker:innen unterteilt. Zusätzlich wurden die Länder hinsichtlich ihres Reifegrads bei der Elektromobilität in einem „eReadiness Index“ klassifiziert, der sich aus der Bewertung von vier Dimensionen zusammensetzt: Staatliche Anreize, Infrastruktur, Angebot und Nachfrage.
Mittlerweile besitzen bereits 6% der Befragten ein E-Auto (2021: 4%). Sie sind im Durchschnitt männlich (52%), 41 Jahre alt und leben zu 79% in der Stadt, wobei sie mehrheitlich über einen eigenen Parkplatz verfügen (88%). Am liebsten kaufen sie ihr Fahrzeug immer noch direkt beim Händler. Trotzdem werden digitale Vertriebskanäle immer relevanter: Mehr als 50% der E-Auto-Besitzer:innen geben an, aufgrund von Preisvorteilen, Bequemlichkeit und Warenverfügbarkeit in Betracht zu ziehen, ihr nächstes E-Auto online zu kaufen. Auf dem Weg zur Kaufentscheidung ist die Probefahrt mit 53% weiterhin der ausschlaggebende Punkt. 55% der E-Auto-Besitzer:innen nahm Kaufanreize wie staatliche Förderungen oder Rabatte in Anspruch – allerdings geben 77% an, dass sie ihr E-Auto auch ohne Zuschüsse gekauft hätten.
„Um das große Potenzial der Elektromobilität für sich zu nutzen und noch mehr Menschen für E-Autos zu begeistern, sollten Automobilhersteller das Kundenerlebnis in den Fokus nehmen. Denn Kund:innen erwarten heute eine nahtlose Verknüpfung digitaler und analoger Verkaufskanäle. Das klassische Autohaus muss auch weiterhin das E-Auto zum Anfassen und Probefahren bieten. Gleichzeitig benötigt eine tendenziell immer weniger technologieversierte Zielgruppe speziell auf E-Mobilität ausgerichtete Dienstleistungen über die gesamte ,Customer Journey‘ hinweg. Das deckt idealerweise den besonderen Beratungsbedarf beim Fahrzeugkauf, Zusatzangebote wie private Ladestationen oder grüne Energieverträge, bis hin zu Geschäftsmodelle für gebrauchte E-Autos ab“, kommentiert Dr. Andreas Gissler, Partner bei Strategy& Deutschland.
Eine deutliche Mehrheit spielt mit dem Gedanken, ein E-Auto zu kaufen
Knapp unter zwei Drittel (63%) der europäischen Befragten zählen zur Gruppe der E-Auto-Interessierten, die angeben, in den nächsten fünf Jahren ein E-Auto kaufen zu wollen. Sie haben ein ähnliches Durchschnittsalter (44 Jahre) wie die E-Auto-Besitzer:innen und leben wie diese auch zum Großteil im urbanen Umfeld (78%). Sie unterscheiden sich allerdings durch ein deutlich geringeres Einkommen (E-Auto-Besitzer:innen: 74.000 Euro; E-Auto-Interessierte: 48.000 Euro) und besitzen nur zu 79% einen privaten Parkplatz. Die Vorteile eines E-Autos liegen für die Gruppe der Interessierten vor allem in den geringeren Kilometerkosten (18%), der Umweltfreundlichkeit (17%) sowie der Möglichkeit, das Fahrzeug zu Hause zu laden (11%) anstatt zur Tankstelle fahren zu müssen.
Gleichzeitig herrscht bei rund einem Drittel der Befragten (31%) immer noch Skepsis gegenüber der E-Mobilität. Sie leben weniger häufig in Städten (67%) als E-Auto-Besitzer:innen und -Interessierte, und geben die eingeschränkte Reichweite als einen der wesentlichen Gründe gegen den Kauf eines E-Autos an (17%). Auch sind für sie hohe Anschaffungskosten (17%) und lange Ladezeiten (14%) nicht attraktiv. Im Vergleich zum Vorjahr haben sich zudem die Bedenken zur Lebensdauer der Batterie erhöht (11%; 2021: 8%). Die E-Auto-Skeptiker:innen sind im Vergleich zu den E-Auto-Interessierten tendenziell älter (53 Jahre) und haben ein geringeres Jahreseinkommen als E-Auto-Interessierte und E-Auto-Besitzer (E-Auto-Skeptiker:innen: 40.000 Euro).
Gebrauchte E-Autos sind eine beliebte Möglichkeit, die hohen Anschaffungskosten zu umgehen. Mittlerweile machen Gebrauchte einen Anteil von 20% aller E-Auto-Käufe aus (2021: 15%). Die Gebrauchtwagenkäufer:innen unterscheiden sich im Vergleich zu Neuwagenkund:innen vor allem durch ein geringeres Einkommen (65.000 Euro). Der voraussichtliche Restwert ihres Fahrzeugs spielt für 55% der E-Auto-Käufer:innen eine wichtige Rolle.
Norwegen bietet die besten Voraussetzungen für Elektromobilität
Im vergleichenden „eReadiness Index“ unter den sieben europäischen Ländern liegt Norwegen hinsichtlich des Reifegrads im Bereich der Elektromobilität mit deutlichem Abstand auf dem Spitzenplatz. Bei der Bewertung der vier Dimensionen aus staatlicher Förderung für E-Autos, Stand der Infrastruktur, Angebotsvielfalt und Nachfragepotenzial erreicht das Land einen Indexwert von 4,5 (auf einer Skala von 1-5). Vor allem infrastrukturelle Aspekte wie die Anzahl an Ladepunkten oder der Anteil von erneuerbaren Energien sind in Norwegen besonders gut ausgeprägt. Auch auf der Nachfrageseite bietet das Land den besten Wert mit einer besonders hohen Kaufbereitschaft.
Auf dem zweiten Platz nach Norwegen folgt die Schweiz (Indexwert: 3,0) mit einer ebenfalls hohen Nachfrage, flankiert von einer gut ausgebauten Infrastruktur. Platz drei belegt England mit einer hohen Nachfrage, die allerdings aufgrund geringer staatlicher Förderungen noch nicht ausgeschöpft wird. Deutschland schneidet mit einem Indexwert von 2,6 aufgrund der unzureichenden Infrastruktur und ausbaufähigen Nachfrage im Ranking mittelmäßig ab und belegt Platz vier von sieben. Dahinter liegen Frankreich auf Platz fünf, mit deutlichen Abstrichen bei der staatlichen Förderung, sowie Italien und Spanien auf den Plätzen sechs und sieben, die beide insbesondere eine wenig ausgebaute Infrastruktur für E-Mobilität aufweisen.