Künstliche Intelligenz in deutschen Sicherheitsbehörden

Zwischen Ambition und Wirklichkeit

Studie

Ergebnisse einer Umfrage unter Experten deutscher Sicherheitsbehörden

Deutsche Sicherheitsbehörden hinken in Sachen Künstlicher Intelligenz (KI) nicht nur im internationalen Vergleich hinterher, sondern bleiben auch hinter ihren eigenen Ambitionen zurück. Im Rahmen des Europäischen Polizeikongresses 2023 haben wir eine Umfrage zum Einsatz von KI unter Mitarbeiter:innen deutscher Sicherheitsbehörden durchgeführt und folgende Situation vorgefunden:

  • 1
    Immenser Handlungsdruck: Obwohl der KI-Einsatz breiten Zuspruch unter den Befragten erfährt, wird er in den Behörden kaum forciert. Die große Mehrheit der Befragten (83%) befürwortet den Einsatz von KI in Sicherheitsbehörden, mehr als 80% erwarten große Mehrwerte für die innere Sicherheit. Gleichzeitig geben rund 70% der Befragten an, dass das Thema KI in ihrer Organisation wenig oder gar nicht vorangetrieben wird
  • 2
    Kaum Geschwindigkeit: Es herrscht ein breiter Konsens unter den Befragten, dass bis zum erfolgreichen Einsatz von KI in ihrer Behörde noch Jahre vergehen werden. Mehr als 70% der Befragten erwarten einen effektiven Einsatz von KI frühestens in zwei bis fünf Jahren, 30% davon sogar erst in fünf Jahren oder später
  • 3
    Unzureichende Rahmenbedingungen: Grundlegende Probleme für den KI-Einsatz scheinen noch ungelöst und stehen einer schnellen Verbreitung und pragmatischen Implementierung im Wege. Rechtliche Hürden, Fachkräftemangel und finanzielle Mittel stellen nach Einschätzung der Befragten die größten Herausforderungen dar. Auf der anderen Seite werden ethische Abwägungen und mangelnde Datenverfügbarkeit als weniger herausfordernd betrachtet

Hohe Nachfrage, große Potenziale, wenig Anwendung

Der breite Zuspruch für den Einsatz von KI in Sicherheitsbehörden steht der tatsächlichen, kaum verbreiteten Anwendung in deutschen Sicherheitsbehörden entgegen. Wird KI allerdings genutzt, besteht eine hohe Zufriedenheit mit den eingesetzten Systemen: Ob zur Bilderkennung, Audio-/Spracherkennung, Text-/Musterkennung, Videoüberwachung oder zur Verarbeitung kategorialer und numerischer Daten – für jedes Einsatzgebiet liegt die Zufriedenheit der Befragten über 70%.

Der heutige KI-Einsatz in Sicherheitsbehörden konzentriert sich auf einfache Analysen. Die Potenziale von KI bei komplexen Analysen, Vorhersagen und Handlungsempfehlungen werden derzeit kaum gehoben, obwohl erst hier die eigentlichen Mehrwerte von KI zur Geltung kommen. Grundsätzlich wird in allen genannten Bereichen ein verstärkter Einsatz von KI gewünscht.

Starke Partner sind dafür essenziell - die Nutzbarmachung von KI in Sicherheitsbehörden ist nach Ansicht der Befragten an erster Stelle eine Aufgabe für Forschungseinrichtungen und Universitäten, aber auch die öffentlichen IT-Dienstleister stellen wichtige Partner dar. Erst dann folgen internationale Technologiekonzerne.

Fazit und Handlungsfelder

Der Einsatz von KI in deutschen Sicherheitsbehörden steht noch am Anfang. Auch wenn es Beispiele für den erfolgreichen und effektiven Einsatz von KI in der öffentlichen Verwaltung gibt, zum Teil auch bereits in Sicherheitsbehörden, handelt es sich dabei um Einzelfälle. Um hier aufzuholen, bedarf es politischer, regulatorischer und organisatorischer Maßnahmen.

Als Basis für die notwendige Aufholjagd schlagen wir fünf Handlungsfelder vor:

  • 1
    Umsetzung von KI-Leuchtturmprojekten
  • 2
    KI-Behördenorganisation
  • 3
    Integration von Datenschutz
  • 4
    Aufbau und Pflege von Partnerschaften sowie
  • 5
    Vertrauen schaffen und KI-Aufklärung betreiben

Dr. Benjamin Bruns, Alexander Linder, Viktor Ferdinand und Ben Thies waren ebenfalls an der Erstellung dieser Studie beteiligt.

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Prof. Dr. Rainer Bernnat

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Partner, Strategy& Deutschland

Dr. Philipp Mette

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Dr. Caroline Mükusch

Dr. Caroline Mükusch

Director, Strategy& Deutschland

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