Ertragssteigerung in der Verbundenen Wohngebäudeversicherung

Schadenlast kompensieren und profitabel wachsen

Studie

Das Dilemma der Verbundenen Wohngebäudeversicherung

Die Verbundene Wohngebäudeversicherung (VGV) in Deutschland steht vor einer herausfordernden Situation. Obwohl die Anzahl der Wohngebäude in den letzten 20 Jahren um 13% gestiegen ist und die VGV hohe Durchschnittsbeiträge sowie ein starkes Wachstum aufweist, bleibt sie defizitär. Während sich zunehmende Sanierungsaktivitäten mit ersten Erfolgen hinsichtlich der Profitabilität im Markt beobachten lassen, steigen die Schadenquoten aufgrund zunehmender Naturkatastrophen, hoher Inflation und des ansteigenden Gebäudealters bzw. Sanierungsbedarfs überproportional an.

Der Anpassungsfaktor allein reicht dabei nicht aus, um den Anstieg der Schadenlast zu kompensieren. Insgesamt ist eine ganzheitliche Betrachtung der vier wesentlichen Handlungsfelder notwendig, um die VGV zukunftsgerichtet aufzustellen:

  • 1
    Profitables Neugeschäft
  • 2
    Bestandsmanagement
  • 3
    Vertriebssteuerung
  • 4
    Schadenmanagement

Die vorliegende Analyse bietet einen Überblick über die grundsätzlichen Marktentwicklungen sowie über aktuelle und zukünftige Herausforderungen und schlägt ausgewählte Maßnahmen in den wesentlichen Handlungsfeldern vor.

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Aktuelle und zukünftige Herausforderungen

Die VGV ist grundsätzlich sehr attraktiv. Versicherer erzielen hohe durchschnittliche Bruttobeiträge je versichertem Risiko und haben meist eine weniger preissensible, gehobene Privatkundschaft mit durchschnittlich höherer Zahlungsbereitschaft. Zudem haben die Verträge oft eine lange Haltedauer bei einem Versicherer, weit entfernt vom "Wechsel-Hype" in der KFZ-Versicherung. In der Regel bestehen auch hohe Anbündelungsquoten mit anderen KFZ-, Sachversicherungs-, Bauspar- oder Kreditprodukten.

Andererseits ist die VGV jedoch von einem intensiven Veränderungswettbewerb geprägt und ist bereits seit Jahren defizitär.

Von einem intensiven Veränderungswettbewerb geprägt | Strategy&

Zwar lassen sich zunehmende Sanierungsaktivitäten mit ersten Erfolgen hinsichtlich der Profitabilität im Markt beobachten. Jedoch steigen die Schadenquoten überproportional an. Insbesondere Naturgefahren sorgen für hohe Schadenaufwendungen. Im Jahr 2023 wird allein für die VGV eine Schadenlast von rund 2,5 Mrd. EUR prognostiziert. Langfristig wird erwartet, dass sich aufgrund des Klimawandels sowohl die Frequenz als auch die Intensität der Naturschadenereignisse weiter erhöhen.

Fünf wesentliche Problemfelder

Durch das jahrelange defizitäre Wachstum sind Umdenken und Wertorientierung gefordert. Steigende Wiederherstellungskosten in Folge des Klimawandels und der politischen Reaktionen darauf, marktweit steigende Schadendurchschnitte – wesentlich verursacht durch Leitungswasserschäden – sowie der wachsende Schadenaufwand durch das Gebäudealter sind weitere Einflussfaktoren.

Naturgemäß sind insbesondere die endogenen Faktoren gut durch die Versicherer zu stimulieren, während es bezüglich der exogenen Faktoren in der Regel Einflüssen von außen bedarf.

Fünf wesentliche Problemfelder | Strategy&

Handlungsfelder und Maßnahmen

Um profitabel zu wachsen, den Versicherungsbestand und die Vertriebssteuerung zu optimieren sowie das Schadenmanagement zu professionaliersieren, empfehlen wir folgende Maßnahmen in den wesentlichen Handlungsfeldern:

Risikogerechte Tarifierung im Neugeschäft

  • Berücksichtigung zusätzlicher tarifierungsrelevanter Informationen, wie beispielsweise Wohngebäudestruktur, Topografie, vergangenes und zukünftiges Wetter, Informationen zu Besitzern, Bewohnern und Nachbarschaft sowie Details zu Vorschäden
  • Umsetzung von Segmentierungserkenntnissen innerhalb der Tarifstruktur
  • Sukzessive Aufwertung des Bestands: Aufnehmen junger Risiken mit besserer Schadenquote und Nutzung moderner Technologien (z.B. Smart Home zur Reduzierung der Schadenanzahl und -höhe)

Restriktivere Annahmepolitik bzw. vorsichtigere Zeichnungspolitik

  • (Digitale) Vorversichereranfrage

Entwicklung neuer Produkte nach dem "Value for Money"-Prinzip

  • Verwendung von Bausteinkonzepten/modularen Produktstrukturen
  • Bedarfsgerechtes Angebot von Produkten und Services für Kunden, soweit diese bereit sind, dafür zu bezahlen
  • Berücksichtigung von Kundenanforderungen (auf Basis vorheriger Segmentierung) wie Preis vs. Service-/ Leistungsorientierung bereits in der Produktgestaltung/-entwicklung

Risikogerechte Nachkalkulation (statt Beitragserhöhungen mit der Gießkanne)

  • Nutzung vorhandener Daten sowie Einbindung zusätzlicher externer Daten
  • Datenaufbereitung oftmals schwierig, z.B. Zuordnung von Schäden zum Hauptrisiko
  • Segmentierung mit bekannten Analyseverfahren (aus anderen Sparten)
  • Multivariante Risikomodelle zur Ermittlung der erwarteten Schadenquote pro Kunde
  • Voraussetzung: Herstellung der Beitragsanpassungsfähigkeit in (Alt-)Verträgen
  • Nebenbedingung: Kenntnisse über die individuelle Zahlungsbereitschaft des Kunden

Beispielhafte Berechnungen zeigen, dass die Beitragsanpassung im Bestand, verglichen beispielsweise mit zusätzlichem Neugeschäft und/oder Stornoprävention, der mit Abstand größte Hebel für die Profitabilisierung der Wohngebäudesparte ist.

Gezielte Steuerung des Neugeschäfts, gemeinsam mit den Vertriebspartnern

  • Intelligenter Einsatz von Nachlässen und Rabatten durch die Vertriebspartner
  • Vereinheitlichung der Verkaufsansätze im Vertrieb (beispielsweise für Elementarschäden)
  • Differenzierung der Incentivierung

Umsetzung des Bestandsmanagements

  • Vermeidung von "Preis-Leakage"
  • Umsetzung von Bestandsanpassungen gemeinsam mit dem Vertrieb
  • Vermeidung der Fehlallokation von Rabatten
  • Differenzierung der Incentivierung

Einzelfallanalyse der Partnerverbindungen (insbesondere im Maklervertrieb)

  • Überprüfung eventuell vorhandener Sondervereinbarungen mit Vertriebspartnern
  • Identifikation auffälliger (negativer) Vertriebspartnerverbindungen in Wohngebäude, Analyse der Ursachen und gemeinsames Gegensteuern

Verbesserte Analyse des Schadenmanagements

  • Einsatz einer Schaden-Inflationsanalyse, um Schadentreiber zu identifizieren und anzugehen
  • Nutzung von Schadendaten zur besseren Preisgestaltung von Risiken
  • Nutzung zusätzlicher Daten zur verbesserten Schadenregulierung

Änderung des Schadenregulierungsverfahrens zur Senkung der Schadendurchschnitte

  • Nutzung von Assistance-Gesellschaften, Dienstleister- und Handwerker-Netzwerken sowie Einbindung Dritter in die Abwicklung von Schäden und Durchführung von Reparaturen
  • Insbesondere Kapitalisierung/Nutzung der langjährigen Erfahrungen im Bereich Kraftfahrt (beispielsweise im Werkstattmanagement) und aktive Unterstützung des Kunden (Hilfe ist vom Kunden explizit gewünscht)

Zukünftig: Nutzung der Möglichkeiten der Smart Home-Technologien und -Angebote

  • Eine detaillierte Beschreibung dazu finden Sie in unserer Studie

Franziska Höhn war ebenfalls an der Erstellung dieser Studie beteiligt.

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Tim Braasch

Tim Braasch

Partner, Strategy& Deutschland

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