Die Gesundheitsbranche befindet sich inmitten einer fundamentalen Transformation, die nicht zuletzt durch die Auswirkungen der weltweiten Covid-19-Pandemie weiter Geschwindigkeit aufnimmt. Ausgehend von diesen Entwicklungen erwarten mehr als 75% der Führungskräfte im globalen Gesundheitswesen die Entstehung neuer, kundenzentrierter «Lifecare-Systeme». Das geht aus den Ergebnissen der aktuellen «Future of Health» Studie von Strategy&, der Strategieberatung von PwC, hervor.
Lifecare-Systeme zeichnen sich durch die Konvergenz klassischer, auf die Behandlung von Krankheiten ausgerichteter und patientenzentrierter «Disease Care» (also der Behandlung von Krankheiten) und kundenzentrierter «Wellcare» (die Pflege der Gesundheit) mit einem Fokus auf Prävention und Wohlbefinden aus. Diese Lifecare-Systeme werden in den kommenden Jahren insbesondere in den Bereichen Herz-Kreislauf- und Stoffwechselkrankheiten (94% der Führungskräfte), Onkologie (69%) und Neurologie (34%) entstehen.
Die grössten Wachstumspotenziale liegen dabei klar im Wellcare-Bereich. Im Jahr 2030 werden voraussichtlich rund 20% der privaten und öffentlichen Gesundheitsausgaben auf diesen Bereich entfallen, gegenüber 11% im Jahr 2021. Das führt im Bereich der Gesundheitspflegesysteme zu einem durchschnittlich jährlichen Marktwachstum (CAGR) von 10 bis 12%, was bis 2030 einer Gesamtwertschöpfung von 2,8 bis 3,5 Bio. US-Dollar entspricht. Die Wachstumsrate im Sektor der Krankheitspflege liegt bei nur etwa 3%. Die grössten Wachstumsbereiche stellen dabei noch die Diagnostik (19% CAGR) und digitale Gesundheit (12% CAGR) dar, während die Ausgaben für Medikamente voraussichtlich lediglich um 3% steigen.
«Die Studienergebnisse zeigen, welchem Transformationsdruck Pharmaunternehmen ausgesetzt sind. Um diesem zu begegnen, sind signifikante Investitionen und eine Weiterentwicklung der Wertschöpfungsketten und Geschäftsmodelle erfolgskritisch. Denn die grossen Wachstumspotenziale liegen ausserhalb des traditionellen Kerngeschäfts der Pharmaunternehmen», erläutert Dr. Thomas Solbach, Partner bei Strategy&. « brauchen die entsprechenden Akteure unter anderem ein tiefes Verständnis für die individuellen Lebensstile ihrer Zielgruppen sowie Zugriff auf aussagekräftige Datenpools aus verschiedenen Lebensbereichen. Hier befindet sich die Pharmaindustrie klar im Wettbewerb mit grossen Technologieunternehmen als auch agilen Start-ups.»
Die grösste Herausforderung bei der Umstellung auf Lifecare-Systeme sehen 80% der Befragten bei der effizienten Datengenerierung und -verwertung. 68% sehen aktuell noch Lücken bei der Vereinbarung strategischer Partnerschaften. Fast genauso viele Manager (67%) betrachten den Ausbau und das Innovationstempo im Bereich Forschung und Entwicklung als kritische Punkte.
Diese disruptiven Veränderungen der Gesundheitsindustrie haben eine erhebliche Umverteilung der Budgets zur Folge. Ausgehend von den Gewinn- und Verlustrechnungen der 20 grössten Pharmaunternehmen für das Jahr 2020 werden die Unternehmen im Durchschnitt ihre Vertriebsausgaben (SG&A) um etwa 3 Mrd. US-Dollar senken müssen, was einem Rückgang der Aufwendungen für Marketing und Vertrieb um 20% entsprechen würde. Diese Budgets müssen zukünftig in Forschung und Entwicklung, Kompetenzaufbau sowie strategische Fusionen umgeschichtet werden, um mit dem dynamischen Innovationsumfeld im gesamten Lifecare-System Schritt zu halten.